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Anders als in Europa unterlagen Jüdinnen und Juden in der islamischen Welt – mit wenigen Ausnahmen – keinen systematischen Einschränkungen bei der Wahl ihrer Berufe. Schon mittelalterliche Quellen erwähnen jüdische Ärzte, Händler und Finanzleute. In der Neuzeit stehen die Familien Kadourie und Sassoon exemplarisch für den Aufstieg jüdischer Kaufleute im globalen Maßstab.
Die aus Bagdad stammende Familie Kadourie gehörte Mitte des 19. Jahrhunderts zu jenen Handelsdynastien, die jüdische Enklaven in Hafenstädten Asiens etablierten. Elly Kadourie (1867–1944) machte in Hongkong und Shanghai Karriere und baute gemeinsam mit seinem Bruder Ellis ein weit verzweigtes Wirtschaftsimperium auf. Trotz erheblicher Verluste im Zweiten Weltkrieg erlangten die Kadouries rasch wieder Einfluss und trugen entscheidend zum Wiederaufbau Hongkongs als Finanzzentrum bei. Neben ihren unternehmerischen Erfolgen engagierten sie sich stark im jüdischen Gemeindeleben, etwa durch Jugendorganisationen und Schulen für Geflüchtete.
Hervorzuheben ist auch die Familie Sassoon, oft als „Rothschilds des Ostens“ bezeichnet. Aus Bagdad stammend, errichtete sie ein Handelsnetz von Bombay bis Shanghai. Eine herausragende Persönlichkeit war Flora Sassoon (1859–1936), Enkelin des Gründers David Sassoon. Nach dem Tod ihres Mannes übernahm sie die Leitung von David Sassoon & Company, modernisierte das Unternehmen und behauptete sich gegen Widerstände männlicher Verwandter in einer von Männern dominierten Welt. Später widmete sie sich in England religiösen und philanthropischen Aufgaben, förderte die jüdische Bildung und die zionistische Bewegung und galt als gläubige wie moderne Geschäftsfrau. Auch in der Geschäftswelt hinterließen jüdische Unternehmer Spuren.In Kairo betrieben die Brüder Palacci in den 1920er-Jahren ein modernes Warenhaus nach europäischem Vorbild. Daneben blieben traditionelle
Tätigkeiten wichtig. Im Jemen spezialisierten sich jüdische Gold- und Silberschmiede über Jahrhunderte auf filigrane Schmuckstücke, die auch unter Muslimen hochgeschätzt waren. Mit der Auswanderung nach Israel Ende der 1940er-Jahre verschwand dieses Handwerk im Jemen weitgehend, lebte jedoch in Israel fort. In Bagdad schließlich dominierten jüdische Bankiers lange das Finanzwesen und beteiligten sich mit Netzwerken vom Mittelmeer bis Indien an großen Projekten.
Text: Marina Shcherbakova, Gregor Schwarb, Ronny Vollandt




