
Der Legende nach reicht die jüdische Präsenz in Indien über zwei Jahrtausende zurück und umfasst verschiedene Gemeinden mit jeweils eigenen Traditionen. Die älteste Gruppe, die Malabar- oder Cochin-Juden in Kerala, soll bereits nach der Zerstörung des Ersten Tempels (586 v. d. Z.) eingewandert sein. Historisch gesichert ist ihre Anwesenheit ab dem 8. Jahrhundert, besonders durch Kupferplatten aus dem 10. Jahrhundert, die der jüdischen Gemeinde von Cochin Handelsrechte und Privilegien verliehen. Diese Gemeinde entwickelte eine faszinierende Synthese aus indischen und jüdischen Bräuchen, sichtbar etwa in ihrer Liturgie und ihrer einzigartigen Küche.
Im 16. Jahrhundert kamen sephardische Jüdinnen und Juden hinzu, die vor der spanischen Inquisition flohen und sich vor allem in Goa niederließen. Diese Gruppe, bekannt als Paradesi-Juden („fremde Juden“), etablierte sich in Handelszentren wie Kochi, Madras und Kalkutta. Zu ihr gehörten auch Rabbi Salomon Halevi, der letzte Rabbiner von Madras, und seine Frau Rebecca Cohen, die hier auf einer Aufnahme von 1919 zu sehen sind. Ein eindrucksvolles Zeugnis des kulturellen Erbes des indischen Judentums ist die Paradesi-Synagoge in Kochi, erbaut 1568.
Ab dem 18. Jahrhundert wanderten Jüdinnen und Juden aus Bagdad, dem Irak sowie dem gesamten Osmanischen Reich nach Indien aus, vor allem nach Mumbai und Kalkutta. Zu ihren bekanntesten Vertretern zählt die einflussreiche Sassoon-Familie, die im Textilhandel und Bankwesen zu großem Wohlstand gelangte und zahlreiche Synagogen wie auch Wohltätigkeitseinrichtungen stiftete.
Im Nordosten Indiens lebt die Gruppe der Bnei Menashe, die ihre Abstammung auf den verlorenen Stamm Menasse zurückführt und seit den 1950er-Jahren offiziell zum Judentum konvertiert ist. Ihre Geschichte ist bis heute Gegenstand wissenschaftlicher und religiöser Debatten.
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