Obwohl die akademische „Entdeckung“ der Kairoer Geniza in Europa meist mit Solomon Schechter verbunden wird, war es Raphael Aaron Ben Shimon – seit 1891 Oberrabbiner oder Hakham Bashi in Kairo –, der das entscheidende Bindeglied zur jüdischen Gemeinde vor Ort bildete. Diese durch Zuwanderung aus dem Mittelmeerraum stark angewachsene Gemeinde war keineswegs nur passive Beobachterin, sondern bemühte sich aktiv um die Bewahrung ihres kulturellen Erbes und gewährte zugleich europäischen Gelehrten Einblicke in die Texte. Ben Shimon selbst strebte durch den Druck hebräischer und judäo-arabischer Geniza-Manuskripte eine regionale jüdische Erneuerung an.

Als Schechter 1896 in Kairo eintraf, überreichte er Ben Shimon ein Empfehlungsschreiben des britischen Oberrabbiners Hermann Adler. Mit Ben Shimons Zustimmung erhielt er daraufhin vollen Zugang zur Geniza-Kammer und die Erlaubnis, zahlreiche Handschriftenfragmente zu entnehmen.

Raphael Aaron Ben Shimon wurde 1848 in Marokko geboren. Mit sechs Jahren zog er mit seiner Familie nach Jerusalem, wo sein Vater Vorsteher der nordafrikanischen Gemeinde wurde. Neben traditioneller Ausbildung erlernte er Arabisch und europäische Sprachen, übernahm rabbinische Ämter – darunter die Leitung der Magen-David-Jeschiwa – und veröffentlichte zahlreiche Schriften zu jüdischem Recht und Brauchtum. In den 1880er-Jahren wirkte er als Gesandter der nordafrikanischen Gemeinde in Frankreich, Deutschland und Marokko, bevor er 1891 zum Oberrabbiner von Kairo berufen wurde.

Quelle: Yad Yizhak Ben-Zvi Institute

Zurück zum Ausstellungsbereich