
Habiba Msika, geboren als Marguerite Msika im jüdischen Viertel von Tunis, war eine bedeutende jüdisch-tunesische Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin der 1920er Jahre. Nach dem frühen Tod ihrer Eltern wuchs sie bei ihrer Tante Leila Sfez (1874–1944) auf, ihrerseits eine bekannte Sängerin, die sie in klassischer andalusischer Musik, im Oud-Spiel und im Gesang unterrichtete. Msika besuchte die Schule der Alliance Israélite Universelle in Tunis, bevor sie sich ganz der Bühne und der Musik widmete.
Ihre Karriere begann als Hochzeitssängerin, doch schon bald avancierte sie zu einer gefeierten Künstlerin auf den Bühnen Nordafrikas und Europas. Sie trat in Städten wie Paris, Berlin und Monte Carlo auf und veröffentlichte zwischen 1924 und 1930 nahezu 100 Schallplatten, die im Maghreb große Popularität erlangten. Bekannt war sie für ihre ausdrucksstarken Auftritte, in denen sie Gesang und Tanz verband, sowie für ihre Verkörperung von Männerrollen in Theaterstücken wie Romeo und Julia oder Othello, die ihr mehr Präsenz auf der Bühne verschafften. Ihr Spiel war häufig von nationalistischer Symbolik durchzogen; einmal wurde sie sogar verhaftet, nachdem sie sich auf der Bühne in die tunesische Flagge hüllte und Parolen für die Unabhängigkeit des Landes rief.
Neben ihrer Kunst sorgte Msika mit ihrem unkonventionellen Lebensstil und zahlreichen Liebesbeziehungen für Aufsehen. Ihre enge Bindung zu ihrem Cousin und Mentor, dem Maler Elie Lellouche, ebenso wie ihre Affäre mit dem tunesischen Prinzen Salah El Din Bey, erregten großes Aufsehen und provozierten konservative Kreise. Trotz dieser Kontroversen genoss sie breite Verehrung und finanzielle Unabhängigkeit.
Ihr Leben endete am 20. Februar 1930 in einem Femizid: Ein besessener Verehrer, Eliyahu Mimouni, übergoss sie in ihrer Wohnung in Tunis mit Benzin und setzte sie in Brand. Msika erlag am folgenden Tag ihren schweren Verletzungen und wurde auf dem jüdischen Friedhof Borgel in Tunis beigesetzt. Habiba Msika gilt bis heute als Ikone der tunesischen Kulturgeschichte und als Symbol weiblicher Emanzipation und künstlerischer Freiheit. Ihr Leben verkörpert zugleich die Blüte jüdisch-arabischer Kultur in Nordafrika, die später durch die Massenauswanderung der jüdischen Gemeinden weitgehend verloren ging.
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