
Jüdische Hochzeiten in Aleppo in Syrien waren über Jahrhunderte hinweg prachtvolle Feste, die weit über das familiäre Ereignis hinausgingen und die gesamte Gemeinde einbezogen. Die Feierlichkeiten erstreckten sich meist über mehrere Tage und begannen mit dem Henna-Abend, bei dem die Hände und Füße der Braut – mitunter auch die des Bräutigams – mit Henna bemalt wurden. Dieses Ritual wurde von Trommeln, Gesängen und Pizmonim, den traditionellen Liedern der Gemeinde, begleitet.
Am eigentlichen Hochzeitstag erschien die Braut zunächst in reich bestickten Seiden- oder Brokatgewändern, später auch nach europäischer Mode im weißen Kleid, wie auf diesem Bild. Der Weg zur Chuppa, dem Hochzeitsbaldachin, konnte in Form eines festlichen Umzugs durch die Gassen des jüdischen Viertels erfolgen, begleitet von Musik und Jubel. Unter dem Hochzeitsbaldachin wurden die Segenssprüche gesprochen und die kunstvoll verzierte Ketubba, die häufig in Aramäisch oder Judäo-Arabisch abgefasste Heiratsurkunde, verlesen.
Die jüdische Präsenz in Syrien reicht bis in die Antike zurück, besonders in Aleppo und Damaskus. Unter muslimischer Herrschaft entfalteten sich Handel und Gelehrsamkeit, und Aleppo entwickelte sich zu einem Zentrum jüdischer Tradition. Hier wurde über Jahrhunderte der Aleppo-Codex, eine der berühmtesten Bibelhandschriften, aufbewahrt, ebenso ein Teil der Familienbibliothek des großen Gelehrten Maimonides, die im 17. Jahrhundert an die Bodleian Library in Oxford gelangte.
Nach anti-jüdischen Ausschreitungen 1947 und der Gründung des Staates Israels 1948 verließen die meisten syrischen Juden das Land. Heute existieren nur noch kleine Restgemeinden in Syrien, während die syrisch-jüdische Diaspora vor allem in Israel, den USA und Lateinamerika fortlebt.
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