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Im 20. Jahrhundert spielten Jüdinnen und Juden im Nahen Osten eine prägende Rolle in Musik, Theater und Film. Bereits zuvor hatte Dawud Hosni (1870–1937), ein ägyptischer Komponist jüdischer Herkunft, entscheidend zur Modernisierung beigetragen. In Kairo schrieb er die erste ägyptische Oper „Samson und Delilah“ und komponierte zahlreiche Lieder für Theaterproduktionen, unter anderem für die legendäre ägyptische Sängerin Umm Kulthum (1904–1975). Auch im Irak prägten jüdische Musiker die kulturelle Landschaft. Besonders die Brüder Dawud al-Kuwaiti (1910–1976) und Salah al-Kuwaiti (1908–1986) gelten als Wegbereiter der modernen irakischen Musik. Ihr erstes Arrangement, das traditionelle kuwaitische „Wallah, ‘ajabani jamalak“ („Oh mein Gott, deine Schönheit bezaubert mich“), gehört bis heute zu den beliebten Klassikern in den Radiosendern der Golfstaaten.

In Ägypten avancierte in den 1930er- und 1940er-Jahren die Sängerin und Schauspielerin Leyla Murad (1918–1995) zu einer der größten Stimmen der arabischen Welt. Obwohl sie als Jüdin gefeiert wurde, geriet sie nach 1948 politisch unter Druck, was ihre Karriere schwer belastete. Parallel dazu entwickelte sich im Britischen Mandat Palästina eine eigenständige israelische Musikkultur. Die jemenitisch-jüdische Sängerin Bracha Zefira (1910–1990) brachte traditionelle jemenitische Melodien in das neue israelische Klangbild ein und sang bei der Ausstrahlung des palästinensischen Rundfunkdienstes das erste hebräische Lied. Damit ebnete sie Künstlerinnen wie Shoshana Damari (1923–2006) und Ofra Haza (1957–2000) den Weg.

Auch in Nordafrika setzten Jüdinnen Akzente. Habiba Msika (1903–1930), geboren in Tunis, wurde in den 1920er-Jahren zur gefeierten Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin. Mit fast 100 Schallplatten und Auftritten in Städten wie Paris und Berlin verkörperte sie künstlerische Freiheit und weibliche Emanzipation, bis ihr Leben 1930 durch ein Verbrechen tragisch endete.

Im Theater- und Filmbereich ragten weitere Persönlichkeiten hervor. Yaqub Sanu (1839–1912), „Abu Naddara“, begründete mit politischer Satire und Stücken in der arabischen Umgangssprache ein neues Volkstheater. Der Regisseur Togo Mizrahi (1901–1986) prägte das ägyptische Kino mit Filmen, die soziale Vielfalt widerspiegelten, bis er in den 1950er-Jahren ins Exil gezwungen wurde.

Diese Biografien verdeutlichen, wie stark Jüdinnen und Juden im Nahen Osten das kulturelle Leben mitprägten. Sie verbanden Tradition und Moderne, öffneten Räume für neue Ausdrucksformen und trugen zur Vielfalt der Gesellschaften bei, in denen sie lebten – auch wenn politische Umbrüche ihre Karrieren oft überschatteten oder ins Exil drängten.

(Text: Marina Shcherbakova, Gregor Schwarb, Ronny Vollandt)

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